„Riesige Chance nicht leichtfertig vergeben!“

19. Oktober 2016

SPD-Kreisvorstandschaft befasst sich mit dem Steigerwald – Ergebnisoffen diskutieren anstatt Öl ins Feuer zu gießen

Haßfurt Hat der Landkreis die Chance auf einen Nationalpark im Steigerwald schon verspielt? Diese Frage stand im Mittelpunkt einer Sitzung der Kreisvorstandschaft der Haßberg-SPD.

„2007 waren noch alle dafür. Doch dann brauchten die Freien Wähler ein Wahlkampfthema!“ Bernhard Ruß schüttelt den Kopf. Wenn er sieht, wie leichtfertig der Landkreis droht die Chance auf einen Nationalpark oder zumindest als den Titel „Weltnaturerbe“ zu verspielen, dann kann er das Verhalten mancher Kommunalpolitiker nicht nachvollziehen.

„Es ging damals doch gar nicht, um die Entscheidung, ob wir einen Nationalpark bekommen oder nicht“, macht der Sander Bürgermeister klar. In der vor einigen Jahren angedachten Machbarkeitsstudie wäre nur geprüft worden, ob der Steigerwald überhaupt die Kriterien für eine Aufwertung erfüllt. Die Bürgermeister der Region waren sich einig. Der damalige bayerische Umweltminister Werner Schnappauf hatte bereits Gelder zugesagt.

„Wenn wir das damals durchgezogen hätten, wären wir jetzt schon einen Schritt weiter“, findet Bernhard Ruß. Aber plötzlich machte sich eine Opposition breit, die den Nationalpark als Wahlkampfthema für sich entdeckt hatte und mit ihm vor allem das Ende der Holzbewirtschaftung im Steigerwald heraufziehen sieht. Es gab Diskussionsrunden nebst verbalen Angriffen, die teilweise unter die Gürtellinie gingen. Die Machbarkeitsstudie lag erst einmal auf Eis. Auch weil die Gegner es schafften, den Eindruck zu vermitteln, die breite Mehrheit im Steigerwald sei gegen einen Nationalpark.

Ein Glauben, der offenbar bis nach München transportiert wurde. Als kürzlich die Idee eines dritten Nationalparks für Bayern ausgerufen wurde, war immer wieder zu hören, dass der Steigerwald ob der Vorkommnisse vor einigen Jahren in jedem Fall außen vor bleibe.

„Dabei haben die Buchenwälder bei uns definitiv sehr viel Potenzial“, macht Wolfgang Brühl klar. Im Wettrennen mit den ebenfalls auf der Agenda stehenden Regionen im Spessart oder der Rhön müsse man sich in jedem Fall nicht verstecken. Auch in Unesco-Studien wird der Steigerwald als bestes Buchenwald-Gebiet in Bayern eingestuft. Eigentlich ideale Voraussetzungen! „Aber die ganze Vorgeschichte ist natürlich eher ein Hemmschuh“, weiß der Kreisvorsitzende.

Gerade darum sei der Landkreis und mit ihm Landrat Wilhelm Schneider in der Pflicht, die Machbarkeitsstudie zu forcieren. „Das muss wieder auf die Agenda“, sagt Bernhard Ruß. „Schließlich gibt es bisher keine Entscheidung des Kreistags für oder gegen einen Nationalpark oder die Studie.“ Man sei es den Bürgern im Steigerwald – von denen auch viele einem Nationalpark positiv gegenüberstehen – schuldig, prüfen zu lassen, welche Möglichkeiten, sich der Region bieten. Den Plan Weltkulturerbe könne man dabei getrost von vorneherein ad acta legen. „Den Titel haben schon Bamberg und Würzburg“, erklärt Wolfgang Brühl. „Uns so bedeutend ist das Zisterzienser-Kloster in Ebrach, das ausschlaggebend für den Titel wäre, auch wieder nicht.“ Der Fokus müsse dagegen auf dem Weltnaturerbe oder dem Nationalpark liegen.

„Es muss gelingen, eine vernünftige und ergebnisoffene Diskussion zu dem Thema zu führen“, fordert Bernhard Ruß. „Da sind auch die Bürgermeister und Mandatsträger in der Pflicht. Es kann nicht sein, dass von einzelnen Personen immer wieder kräftig Öl ins Feuer gegossen wird.“

Lösungen – gerade in der Frage der Holzbewirtschaftung – seien möglich. Auch bei neuen Nationalparks im Hunsrück oder im Schwarzwald sei es gelungen, Konzepte aufzustellen, mit denen die lokale Versorgung mit Brennholz gesichert werden konnte.

„Der Nationalpark oder der Titel Weltnaturerbe sind eine riesige Chance für die Region“, stellt Bernhard Ruß noch einmal heraus. „Wir dürfen sie nicht leichtfertig vergeben.“

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