Sozialdemokrat und Bürgermeister Jürgen Hennemann als Vorbild unterwegs.
Der Landkreis Haßberge kann dieser Tage stolz nach Ebern blicken. Die Stadt hat rund 80 Flüchtlinge aufgenommen, keine geringe Zahl, aber das ist nicht die Leistung, die es hier hervorzuheben gilt. Schließlich hat die Regierung von Unterfranken die Asylbewerber der Eberner Kaserne zugeteilt, da hätte man sich in der Kommune mit dem gefährlich dreinblickenden Schwarzkittel im Wappen auch nicht dagegen wehren können.
Es ist die Art und Weise, wie die Männer, Frauen und Kinder aus Syrien, Serbien oder Äthiopien in Ebern empfangen wurden, die einen fast eine Freudenträne verdrücken lässt: Viele Eberner haben sich mit persönlichem Engagement dafür eingesetzt, dass sich die Menschen auf der Flucht in der ehemaligen Kreisstadt willkommen fühlen, dass sie hier nun ein Stück weit Geborgenheit und Sicherheit erfahren können. Neudeutsch müsste man von Willkommenskultur sprechen.
An der Spitze des Empfangskomitees stand Bürgermeister Jürgen Hennemann, der jeden (!) einzelnen ausländischen Gast in seiner Stadt begrüßte. Man zieht seinen Hut ob dieser liebenswürdigen Geste. Und vermerke in einem Nebensatz, dass der Bürgermeister Sozialdemokrat ist und sich mancher Kollege mit dem „C“ wie „christlich“ und Nächstenliebe im Parteikürzel davon eine Scheibe abschneiden könnte.
Nun ist eher nicht zu erwarten, dass die Eberner Asylbewerber in der Region bleiben, selbst wenn sie eine dauerhafte Aufenthaltsgenehmigung erhalten. Ebern sei halt Pampa, drückte es ein freiwilliger Helfer vor Ort aus. Und das nicht nur aus der Perspektive von Fremden, sondern auch vieler Einheimischer. Jedenfalls zieht es die Flüchtlinge meist in die großen Städte, weil dort ihre Möglichkeiten, Personen aus ihrem Kulturkreis zu treffen, viel größer sind, weil sie dort leichter Arbeit finden und halt einfach mehr los ist. Da geht es dem Ausländer nicht anders als dem Deutschen.
Trotzdem sollte man in Ebern und im Landkreis wie überall in der Republik die meist unter Lebensgefahr Geflohenen als Chance begreifen: Als Menschen, die unsere Kultur und Sprache (kennen)lernen wollen und im Gegenzug unseren eigenen Horizont mit dem Erfahrungsschatz ihrer Herkunftsländer bereichern. Und die, anders als es oft dargestellt wird, sich meist nichts sehnlicher wünschen als eine Arbeit, um die eigene Existenz zu sichern. In einem Land, in dem es an Kindern mangelt und die Wirtschaft über Fachkräftemangel stöhnt, muss man sich eigentlich doppelt und dreifach über frisches Blut freuen.
Wir haben allen Grund, die Flüchtlinge, die jetzt aus so vieler Herren Länder zu uns kommen, bei uns aufzunehmen – wenn sie die Bereitschaft mitbringen, sich in unsere Gesellschaft und unsere Wertgemeinschaft zu integrieren. Das können sie aber nur, wenn wir sie dabei unterstützen und sie davor schützen, diskriminiert zu werden.
Martin Sage
Quelle: Haßfurter Tagblatt