„Eine Schande für Deutschland“

01. März 2017

Politischer Aschermittwoch der SPD Haßberge in Eltmann war so gut besucht wie seit Jahren nicht mehr.

Der Freistaat ist in der Pflicht, eine fundierte Krankenhaus-Planung aufzustellen

Deutliche Worte fand beim Politischen Aschermittwoch auch der SPD-Kreisvorsitzende Wolfgang Brühl vor allem gegenüber Rechtspopulisten.

Optimistisch und kampflustig sieht MdB Sabine Dittmar dem Bundestagswahlkampf entgegen. Sie war die Hauptrednerin beim Politischen Aschermittwoch der SPD in Eltmann.

Ob es nun am „Schulz-Effekt“ lag oder einfach an der Tatsache, dass in diesem Jahr Bundestagswahlen anstehen: Der 40. Politische Aschermittwoch der SPD Haßberge in Eltmann war so gut besucht wie seit Jahren nicht mehr. Das freute den Kreisvorsitzenden Wolfgang Brühl ebenso wie den Ortsvorsitzenden Hans-Georg Häfner, die als Hauptrednerin MdB Sabine Dittmar begrüßen konnten. Die gab sich optimistisch und kampfeslustig den bevorstehenden Wahlkampf betreffend.

Häfner ging nach seiner Begrüßung auch kurz auf die Eltmanner Kommunalpolitik sein, auf hohe Ausgaben für Pflichtaufgaben und für als wichtig erkannte Aufgaben. Dazu gehörten die Schulen und das Freibad. Daneben sei es wichtig, auch in Zeiten niedriger Zinsen auf eine vertretbare Verschuldung zu achten, betonte er. Die SPD-Stadträte hätten viel zur heutigen Situation Eltmanns beigetragen. Mit Sorge blickte Häfner aber auch in die Welt, wo „in 27 Ländern Krieg oder kriegsähnliche Zustände“ herrschen.

Aufbruchstimmung sei auch in der Eltmanner SPD zu spüren, so Wolfgang Brühl, die künftig mit Uli Pfuhlmann einen zweiten Kreisrat stellen werde. „Aufbruch statt Miesmacherei“ habe sich die SPD auf die Fahnen geschrieben. Die Sozialdemoraten würden ansprechen, was gut für die Menschen ist. Statt Hass und Neid zu verbreiten, sei es wichtig, die Frage der Solidarität innerhalb der EU zu klären „Das muss bei der nächsten Finanzplanung in Brüssel auf den Tisch“, forderte Brühl. Als unerträglichen Tabubruch stufte er die Äußerungen des neuen amerikanischen Präsidenten ein. Die SPD jedenfalls werde „blinden Nationalismus nicht dulden. Die Petrys und Höckes sind keine Alternative, sondern eine Schande für Deutschland“, so sein klares Statement.

Als Kitt der Gesellschaft bezeichnete Brühl die Vereine, Verbände, Kirchen und Betriebe sowie die Bildungseinrichtungen. Er kritisierte, dass unsichere und schlecht bezahlte Arbeit zugenommen habe. Das sei auch eine Folge von politischen Entscheidungen, die zu ihrer Zeit notwendig waren, jetzt aber eine Korrektur bräuchten. „Das ist die Aufgabe der Sozialdemokratischen Partei, nicht irgendwelcher Rattenfänger“, so Brühl, der sich für weniger befristete Arbeitsverträge und längeres Arbeitslosengeld für langjährig Berufstätige aussprach. Die Rente mit 63 bei 45 Berufsjahren habe sich bewährt, so seine Beobachtung.

Als „unbeschreiblich“ bezeichnete Sabine Dittmar die Stimmungsaufhellung bei der SPD, seit Martin Schulz zum Kanzlerkandidaten nominiert wurde. 7000 Parteieintritte und sich stabilisierende Umfragewerte um 30 Prozent zeigten das. „Wir hatten immer dieses Potenzial, denn wir haben eine gute Politik gemacht“, erklärte sie. Fundamentale Weichenstellungen sieht Dittmar für 2017, nachdem 2016 so viel passiert sei, „von dem wir glaubten, dass es nie passieren kann“. Die Wahl von Donald Trump stelle das gesamte Bild der USA auf den Kopf, die Stärke des Rechts werde durch das Recht des Stärkeren ersetzt.

Wohin Populismus führt, zeige der Brexit: Die Anstifter hätten die politische Bühne verlassen, die Regierung habe keinen Plan. „Aber mit uns wird es keine Rosinenpickerei geben“, lautete Dittmars kategorische Ansage zu den Austrittsvereinbarungen. Erschreckend sei auch, dass Ungarns Viktor Orban als das Wichtigste der EU „Religion, Nation und Markt“ bezeichnet habe. Das Gegenteil sei das Wesen Europas: Weltoffenheit, Frieden, Toleranz und der Vorrang der Politik vor den Märkten. Die EU sei das größte Friedensprojekt seit dem Zweiten Weltkrieg, betonte sie, und sei jetzt gefährdet. Gespannt blicke man auch auf die Niederlande. Geert Wilders bezeichnete sie als „einen der größten Brunnenvergifter Europas“, doch sei es möglich, dass die Niederländer den Rechtsruck noch verhindern.

Die Sozialdemokraten stellten sich gegen diese Strömungen und hätten in Deutschland deutlich gemacht, dass „wir dieses Land führen und gestalten wollen“. Dittmar machte die Kanzlerin dafür verantwortlich, dass Deutschland in der EU als oberlehrerhaft wahrgenommen werde. Sie habe ihre Entscheidungen zu wenig erklärt und damit auch den Aufstieg der Rechtspopulisten mit befördert. Horst Seehofer und der CSU bescheinigte sie, nur auf eigene Machtinteressen zu schauen.

Gegen Rassismus und Intoleranz, für mehr Gerechtigkeit in der Gesellschaft ziehe die SPD in den Wahlkampf. Mit dem Mindestlohn, dem neuen Rentenpaket und der Nachbesserung bei der Erwerbsminderungsrente habe die SPD schon in der Koalition vieles dazu auf den Weg gebracht. Auch für die Pflege sei viel erreicht worden. Die zunehmende Ungleichheit sei zum einen auf den neoliberalen Mainstream zurückzuführen, aber auch auf Entscheidungen, „die 2003 schmerzhaft, aber notwendig waren“, erklärte Dittmar zur Agenda 2010. Nach 13 Jahren, unter vollkommen anderen Rahmenbedingungen, sei es Zeit, auch diese Entscheidungen anzupassen. Heute gehe es um Sicherheit und Verlässlichkeit am Arbeitsmarkt. „Das ist keine Abkehr, sondern eine Korrektur“, erklärte sie zu Schulz‘ Ankündigung, das Arbeitslosengeld an langjährige Arbeitnehmer länger zahlen zu wollen. Außerdem müsse die Befristung von Arbeitsverhältnissen die absolute Ausnahme werden.

In der Fragerunde ging es um Minijobs, die ärztliche Versorgung auf dem Lande, die paritätische Finanzierung des Gesundheitssystems und auch um die Zukunft der Haßberg-Kliniken. Die Ärztin Sabine Dittmar warnte davor, die Schuld für die schlechte Finanzlage kleiner Krankenhäuser ausschließlich nach Berlin zu schieben. Die Länder seien in der Pflicht, eine fundierte Krankenhaus-Planung aufzustellen, damit dafür dann eine passende Finanzierung aufgestellt werden könne.

Wir brauchenFriedensausgaben

Paul Hümmer appellierte an Sabine Dittmar, „den Maut-Irrsinn zu beenden“. Außerdem wandte er sich gegen steigende Militärausgaben. „Wir brauchen Friedensausgaben“, forderte er. Ferner rief er dazu auf, versicherungsfremde Leistungen aus allgemeinen Steuermitteln zu bezahlen, etwa die Anpassung der Ost-Renten. Und er gab ein klares Bekenntnis gegen den Gelben Sack und für das Wertstoffhofsystem als aktiven Beitrag zum Umweltschutz.

Wegen der Insolvenz-Anmeldung bei „allmilmö“ in Zeil ergriff auch Sands Bürgermeister Bernhard Ruß kurz das Wort. „Es schaut sehr schlecht aus“, erklärte er, als parallel die Betriebsversammlung lief. Anders als früher sei diese komplett abgeschottet, auch Bürgermeister hätten keinen Zutritt. Kommunalpolitiker könnten den Lauf der Welt auch nicht verändern, aber man könne doch etwas Einfluss nehmen „und wir können die Leute mitnehmen, ihnen beistehen. Als Bürgermeister ist man manchmal auch Seelsorger“, erklärte er.

Quelle: Haßfurter Tagblatt

Von unserer Mitarbeiterin Sabine Weinbeer

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