Hofheim. Verstohlen reibt sich der Jubilar die feuchten Augen. Damit ist er nicht allein im Saal. Es ist nicht die lange Zugehörigkeit zur SPD, es sind die Bilder mit Willy Brandt: Wie er in Warschau an der Stelle, an der die Nazis Hunderttausende von Juden in den Tod schickten, die Welt für Deutschland um Vergebung bittet. Es sind die Bilder von Jochen Vogel, wie er vergeblich darum kämpft, die Politik der SPD für Frieden und Arbeit weiterfortsetzen zu können. Die Jubilare erinnern sich an die harten Diskussionen, die sie in Hofheim geführt haben – über den Umgang mit der DDR, über das Ende der heuchlerischen Paragraphen im Sexualstrafrecht, über das heute als selbstverständlich gewordene Ehe- und Scheidungsrecht und viele neue Wege, die heute das moderne Deutschland ausmachen.
Der Vorsitzende des Kreisverbandes der SPD, Wolfgang Brühl und der des Ortsvereins Hofheim Konrad Spiegel gratulierten Werner Barth und Günther Geiling zum 40jährigen und Robert Frank und Dr. Thomas Nappert zum 25jährigen Jubiläum in der SPD. Konrad Spiegel nannte Mindestlohn, Rentenreform, Reform der Energiewende als Beispiele für die Stetigkeit sozialdemokratischer Politik.
Der Ortsverein der SPD Hofheim hatte einige asylsuchende Flüchtlinge aus Syrien eingeladen. Man wollte sich sowohl ein Bild von Menschen machen, die bei uns Schutz vor Krieg und Verfolgung gesucht hatten, als auch von der Flüchtlingssituation im Haßbergkreis.
„Was ich in den letzten Monaten, insbesondere seit August in unserem Landkreis erlebt habe“, berichtete Wolfgang Brühl, „ist für mich beispiellos. Er war hierfür BRK-Einsatzleiter und an vorderster Front. „Anfangs hatten wir vor der Ankunft neuer Flüchtlinge Bauchgrimmen. Wir wußten in der ersten Zeit nie, wieviele kommen, wieviele Familien oder Einzelpersonen, welche Nationalitäten ... aber das spielte sich bald ein.“
Als in Schweinfurt im Juli das Aufnahmezentrum eröffnet wurde, rechnete man mit 540 Personen, tatsächlich waren es bald 1.700. Und im August 4.000 und im September fast 5.000.
Das spiegelt sich auch in der Anzahl Menschen wider, die dem Landkreis Hassfurt zugewiesen wurden. Von Januar bis Juli 2015 waren es stets 400 bis 500 Personen insgesamt, dann aber stieg die Zahl der „Leistungsempfänger“ von 750 im August auf rund 1.000 Menschen. Über die Hälfte von ihnen konnte mittlerweile dezentral untergebracht werden, jeweils etwa 200 jedoch leben noch in Notfall- oder Gemeinschaftsunterkünften.
Und alle diese Menschen mußten zunächst in Durchgangseinrichtungen in Haßfurt versorgt werden: Zunächst mit den erforderlichen Informationen, dann wurden sie medizinisch untersucht, das Leistungssachverhalten mußte geklärt und besondere Betreuungsbedarfe - wie Hochschwangerschaft, Traumatisierung - festgestellt werden. Hierbei waren immer auch Dolmetscher notwendig. Hierzu stellten sich glücklicherweise Immigranten zur Verfügung, die schon länger bei uns sind. Daneben waren Helfer nötig, um z.B. die Hallen in Haßfurt vorzubereiten – mit Bodenschutz, mit Feldbetten, Tische, Stühle, Wäsche oder Geschirr. Nach dem sachlichen Bericht des BRK-Einsatzleiters und den Zahlen hörte man plötzlich die Begeisterung in der Stimme Wolfgang Brühls: „Da waren und sind die vielen ehrenamtlichen Helfer in den Dörfern und kleinen Städten, da sind die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Landratsamtes, allen voran der Leiter vom Amt für Soziales und Senioren, Dieter Sauer oder die Verbände und Vereine, die sich nimmermüde engagieren. Bürger und Bürgerinnen des Landkreises folgten beispielsweise dem Aufruf des Bayerischen Roten Kreuzes und spendeten mehrere Tonnen Textilien. An einem Tag drängten sich im Rotkreuz-Hof 350 Privatautos und die Sachen waren sauber und wiederverwendbar.“
Wolfgang Brühl ist guter Dinge, wenn er an die Zusammenarbeit all jener denkt, die sich im vergangenen Jahr zusammengefunden haben. Ebenso optimistisch ist er aufgrund der vielen Erfahrungen, die er und seine vielen Mitstreiter sammeln konnten, dass die Integration der Bleibewilligen gelingen wird. „Die Chancen“, so Wolfgang Brühl, „werden sich mittel- und langfristig auch in unseren Sozialkassen positiv auswirken.“
„Wer aber“, so Wolfgang Brühl, „bei uns bleiben will, der muß sich ohne Wenn und Aber an die klaren Grenzen halten, die das Grundgesetz setzt und über die sich niemand, auch nicht mit Verweis auf Herkunft, religiöse oder politische Überzeugungen, hinwegsetzen darf.“
Die ersten 20 Artikel unseres Grundgesetzes beschreiben das Leitbild unseres Deutschlands. „Es muß jedem klar sein, dass Gleichberechtigung und Religionsfreiheit für uns nicht verhandelbar sind. Das gilt auch für die Toleranz – Toleranz gegenüber Andersgläubigen, Nichtgläubigen, der Gleichstellung von Frauen und die Akzeptanz von Menschen anderer sexueller Orientierung und Geschlechtsidentität. Antisemitismus werden wir niemals dulden.“
Die Anwesenden reagierten betroffen auf die Berichte ihrer Gäste aus Syrien. Es sind eben zweierlei Dinge, ob man das unvorstellbare Elend und Leid im Fernsehen sieht oder ob ein Mensch einem gegenüber sitzt und berichtet.
Der Vorsitzende des Kreisverbandes der SPD, Wolfgang Brühl (rechts) und der des Ortsvereins Hofheim Konrad Spiegel (links) gratulierten (von links nach rechts) Werner Barth und Günther Geiling zum 40jährigen und Robert Frank und Dr. Thomas Nappert 25jährigen Jubiläum in der SPD.