Den Mund ziemlich voll genommen

14. Dezember 2017

SPD-Kreisvorstand diskutiert über Zukunft der Geburtenabteilung und die mögliche Große Koalition

Haßfurt Die neue Chance für die Geburtenabteilung am Haßfurter Krankenhaus und natürlich die Frage, wie die SPD nach den gescheiterten Jamaika-Verhandlungen in Berlin agieren soll, standen im Mittelpunkt der Vorstandssitzung des SPD-Kreisverbands. Dabei sprach sich eine Mehrheit der Anwesenden gegen eine erneute Große Koalition aus.

Klingt gut, aber… In drei Worten lässt sich gut zusammenfassen, was die Mitglieder der SPD-Kreisvorstandschaft von den aus München in Aussicht gestellten Zuschüssen hält, mit denen die Geburtenabteilung am Haßfurter Krankenhaus auch über das Jahresende 2018 hinaus bestehen bleiben könnte. „Steffen Vogel hat den Mund ziemlich voll genommen“, findet Wolfgang Brühl.

Der Kreisvorsitzende kann den Optimismus und die Bestimmtheit, die der Landtagsabgeordnete in seiner Pressemitteilung aus der vergangenen Woche an den Tag legt, nicht zu 100 Prozent teilen. „Natürlich ist es super, wenn es eine Möglichkeit geben sollte, die Station zu halten“, macht der Kreis- und Verwaltungsrat klar. Nur gebe es eben Hürden, die sich, Stand heute, zu erheblicher, wenn nicht gar unüberwindbarer Höhe auftürmen. Konkret: Um in den Genuss der Unterstützung aus München zu kommen, müssten 50 Prozent der Geburten im Landkreis im Haßfurter Krankenhaus über die Bühne gehen.

„Das ist eine Quote, die aktuell nicht erreicht wird und auch in der Vergangenheit noch nie erreicht wurde. Momentan liegen wir bei 40 Prozent“, gibt Wolfgang Brühl zu bedenken.“ Das heißt: Haßfurt würde gar nicht in den Genuss von Geldern des Freistaats kommen. Von Planungssicherheit könne also keine Rede sein, weshalb man genau überlegen müsse, ob der Verwaltungsrat seine Entscheidung über die Schließung zurücknehmen solle. „Wir müssen genauer wissen, was ab 2019 möglich ist“, sagt Bernhard Ruß und fordert auch über andere Modelle, zum Beispiel über eine Kooperation mit einem der Schweinfurter Krankenhäuser, nachzudenken. Kontrovers und lebhaft diskutiert wurde über die Bundespolitik und die Frage, ob eine Große Koalition für die SPD erneut eine Option sein sollte. Antwort: Wenn es nach der Mehrheit in der Kreisvorstandschaft geht, dann „Nein“.

Zwar sei es grundsätzlich wichtig und richtig, dass sich die SPD ihrer Verantwortung stelle und in ergebnisoffene Gespräche mit der Union gehe, aber die Bedenken, dass die eigene Partei unter einer Neuauflage der GroKo mehr leiden, als sie von ihr profitieren würde, überwogen. Man befürchtet, bei den kommenden Wahlen erneut abgestraft zu werden, weil es nicht gelinge, die sozialdemokratischen Facetten, von denen es jede Menge gab, in der Regierungspolitik herauszustellen und für sich zu proklamieren.

Dann schon lieber eine Minderheitsregierung, die man von Fall zu Fall tolerieren würde. Für viele der Vorstandsmitglieder nicht nur die Möglichkeit, das Profil der Partei neu zu schärfen, sondern auch die Chance sozialdemokratische Ideen durchzusetzen. „Die Gesetze werden nicht von der Regierung, sondern im Parlament gemacht“, sagte Nicole Meyer, Schriftführerin im Kreisvorstand. „Auch aus der Opposition heraus kann man Gesetzesvorschläge einbringen.“

Gegen eine Beteiligung an der Regierung sprachen für die Haßberg-SPDler auch deutliche Zweifel an der Zuverlässigkeit der Union auf. Die habe schon in der aktuellen GroKo in vielen Bereichen geblockt, obwohl anderes abgesprochen war. Die Krone sei jedoch das Verhalten von Landwirtschaftsminister Christian Schmidt in Sachen Glyphosat gewesen. „Eine solche Aktion ist nicht zu tolerieren. Der Minister muss weg“, machte Wolfgang Brühl klar.

Neben der Bundes- stand auch die Landespolitik im Fokus, schließlich wird im Herbst 2018 ein neuer Landtag gewählt. Mit René van Eckert schickt die SPD im Wahlkreis Haßberge/Rhön-Grabfeld einen Kandidaten aus Mellrichstadt ins Rennen, der zwar jung, aber politisch schon erfahren ist. Unter anderem hatte er den Bundestagswahlkampf von Sabine Dittmar gemanagt. „René van Eckert ist eine gute Wahl. Er ist sehr engagiert und will politisch etwas bewegen“, lobt Wolfgang Brühl den 30-Jährigen. Über die Liste bewirbt sich die Zeilerin Johanna Bamberg-Reinwand für den Landtag. Im Bezirkstag wird erneut Bernhard Ruß, der den Kreis seit einigen Jahren sehr gut in Würzburg, vertritt, ins Rennen gehen.

Vorstellen werden sich die Kandidaten auch beim Neujahrsempfang des SPD Unterbezirks Rhön-Haßberge, der am Sonntag, 21. Januar 2018, ab 14.30 Uhr im Hotel Goger in Augsfeld stattfindet. Prominenter Gast ist dann die Bayerische Landesvorsitzende und frisch gebackene stellvetretende Bundesvorsitzende der SPD, Natascha Kohnen.

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