Das Ende, das ein Anfang war

13. Juli 2015

Stettfeld-Leisentritt

Bilder unten

Ludwig Leisentritt referiert bei der Stettfelder SPD

Stettfeld Auf Einladung des SPD-Ortsvereins Stettfeld blickte der bekannte Heimatforscher Ludwig Leisentritt im Gasthaus Strätz in Stettfeld bei einem gut besuchten Diavortrag auf das Kriegsende und den Wiederaufbau im Landkreis Haßberge.

Unterstützt von liebevoll aus Archiven, Heimatmuseen und aus Privatbesitz zusammen getragenen Lichtbildern machte Ludwig Leisentritt die schwierige Zeit des Wiederaufbaus für die „Normalbevölkerung“ anschaulich, die geprägt war von fehlenden Nahrungsmitteln, zerstörten Häusern und Straßen, fehlendem Baumaterial und –werkzeug sowie von einer anfangs nur behelfsmäßigen Verwaltung. Der Heimatforscher ließ dabei die Zeit von Schulspeisung, Lebensmittelkarten, Schwarzhandel und Carepaketen wieder lebendig werden.

Die baulichen „Überreste“ des dritten Reiches und die Überbleibsel des Krieges, wie Blindgänger, mussten beseitigt beziehungsweise in einer besonderen Form der „.Rüstungskonversion“ zu brauchbaren Gegenständen „umfunktioniert“ werden. Ein Problem war es, wegen der Restriktionen der amerikanischen Militärregierung und der Treibstoffknappheit bis Anfang der 50er Jahre, wieder eine funktionierende Verkehrs-Infrastruktur einzurichten. Mit verpflichtenden sogenannten „Hand- und Spanndiensten“ wurden die Bürger und Bürgerinnen zum Wiederaufbau der Straßen und Wege herangezogen.

Um der Nahrungsmittelknappheit zu begegnen wurde die Bevölkerung aufgefordert, Wildkräuter und Mohnkapseln zu sammeln. Ein Problem stellte es dar, dass deutsche Jäger keine eigenen Waffen besitzen durften, um den die Ernte vernichtenden Wildschweinen Herr zu werden.

Lange Zeit herrschte – wegen der Zerstörungen und der vielen Flüchtlinge - große Wohnungsnot. Während heute pro Person durchschnittlich 44 Quadratmeter zur Verfügung stehen, waren es damals gerade sieben. Zahlreiche Gemeindeakten und Archivalien wurden geopfert, um mit Altpapier dem Papiermangel zu begegnen. Ludwig Leisentritt berichtete auch von dem – wohl als gescheitert zu bezeichnenden – Versuch mit Hilfe der Spruchkammern das Nazi-Unrecht zu ahnden und das erbärmliche Verhalten der Angeklagten, die alle nur Mitläufer gewesen sein wollten, um ihren „Persilschein“ zu erlangen, womit viele auch erfolgreich waren. Büßen mussten stattdessen einfache Bürger – und Bürgerinnen, die teilweise erst 1955 aus russischer Kriegsgefangenschaft zurückkehren durften.

Wie aktuell die damaligen Probleme auch heute noch sind, zeigt sich darin, dass der Landkreis damals 7698 Flüchtlinge unterzubringen und zu integrieren hatte, dies entsprach 17,5 Prozent der Bevölkerung! Angesichts des Mangels an allem, der damals vorherrschte, kann man daher das feindselige Verhalten, das viele Heute, da wir im Überfluss leben, gegen Flüchtlinge an den Tag legen, nicht nachvollziehen. Schwer tat sich die amerikanische Militärregierung, die bestrebt war, den Deutschen den Militarismus auszutreiben, damit, die – dringend notwendigen – Feuerwehren zuzulassen. Man begleitete den Prozess mit strengen Vorgaben zu Uniformen sowie Ausbildung und Übungen. Übertölpelt wurden die Amerikaner, indem die Aufmärsche von Bürgerwehren als „Folklore“ beschönigt wurden. Trotz der Not oder um ihr wenigstens zu entfliehen, etablierten sich schon früh zahlreiche Musikkapellen, deren Publikum zunächst überwiegend aus amerikanischen Soldaten und ihren „Froileins“ bestand.

Abschließend gab Ludwig Leisentritt noch seiner Erleichterung Ausdruck, dass die sowjetische Besatzungszone nicht wie ursprünglich geplant bis zum Main gezogen wurde, sondern weiter nördlich endete.

Bildunterschrift

pm920150706_ov stettfeld leistentritt.jpg: Die Vorsitzende des SPD-Ortsvereins Stettfeld Nicole Meyer (links) bedankte sich bei Ludwig Leisentritt für seinen kurzweiligen Vortrag.

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