History: SPD Bilderserie

Hier werden Bilder der SPD im Haßbergkreis gezeigt.

Die Bilder wurden uns freunlicherweise von Herrn Ludwig Leisentritt zur Verfügung gestellt.

Das waren ganz schön aufregende Zeiten“, erinnert sich SPD-Kreisrat Ludwig Leisentritt und meint damit die Kreisgebietsreform, aus der vor 40 Jahren der neue Landkreis Haßberge entstanden ist.

Es hätte auch ganz anders kommen können... SPD-Kreisrat und Heimatforscher Ludwig Leisentritt: Der Bildung des neuen Landkreises Haßberge gingen aufregende Zeiten voraus.

Haßfurt/Zeil - „Das waren ganz schön aufregende Zeiten“, erinnert sich SPD-Kreisrat Ludwig Leisentritt und meint damit die Kreisgebietsreform, aus der vor 40 Jahren der neue Landkreis Haßberge entstanden ist. Der 74-Jährige leidenschaftliche Politiker und Heimatforscher hat recherchiert: 16 Aktenordner füllten beim Landratsam Haßfurt die Vorgänge der Kreisreform im Zeitraum 1971/72. Aber, das ist seiner Meinung nach gar nicht mal so viel, wenn man vergleicht, dass die Stadt Zeil über das Hafen-Projekt allein 42 Ordner angesamment hat.

Nicht zum ersten Mal hatte 1971/72 die anstehende Landkreisreform die Gemüter erregt. Eine Auflösung des früheren Bezirks Hofheim, der bereits seit 1862 zusammen zum Amtsbezirk Königshofen gehörte, habe bereits 1928/29 zur Diskussion gestanden, wie historische Unterlagen belegen. Eine von Bürgermeister Uhl einberufene Protestversammlung gegen die Aufhebung des Bezirksamtes hatte großen Widerhall. Sämtliche Körperschaften des Bezirks seien auf den Plan getreten, so dass eine Tageszeitung hämisch notierte: „Sogar der Adel stieg zum Volk herab“.

Wie Ludwig Leisentritt berichtet, sahen die Bewoher des Haßgaues in der vorgesehenen Auflösung des Bezirksamtes den Beginn einer Katastrophe. Der hohen Staatsregierung rief man zu: „Zerstört nicht die Wurzeln staatlicher Kraft. Erhaltet eine lebensfähige Bevölkerung auf dem Lande!“ Offensichtlich konnten sich die Hofheimer bei der Regierung durchsetzen, denn das „beabsichtigte Unheil“ wurde von der Haßgau-Bevölkerung abgewendet.

Sonderstellung für Grenzlandkreise?

1957 habe es ein weiteres Mal konkrete Anzeichen für eine Landkreisreform gegeben. „Irgendwie sickerte durch, die Regierung plane eine probeweise Auflösung des Landkreises Hofheim.“ Der damalige Landtagsabgeordnete Artur Heinrich aus Rügheim sei dann bei den Ministerien in München Sturm gelaufen: Man dürfe einen ausgesprochenen Zonenlandkreis durch den Abzug von Ämtern nicht veröden lassen, war nur eines der vielen Argumente. Auch Hofheims Landrat Dr. Krahmer sei der Ansicht gewesen, den Grenzlandkreisen müsse sowohl in der Art als auch in der Zeit eine Sonderstellung zukommen.

Bereits mehr als zehn Jahre vor der Gemeinegebietsreform 1972 sei Mitte 1959 eine vertrauliche Anordnung des Innenministeriums bekannt geworden, wonach eine Zusammenlegung von Gemeinden bis zu 300 Einwohnern zu überprüfen sei. Im Kreis Haßfurt waren davon 29, in Ebern 26, und in Hofheim 30 Gemeinden betroffen. Der heute zu Hofheim gehörende Ort Erlsdorf galt bis vor der Eingemeindung als der kleinste Ort in Bayern. Ganze 32 Einwohner zählte die Gemeinde. Die kommunalen Probleme habe man wie in einer größeren Familie diskutiert und gelöst, schließlich war fast jedes der elf Häuser im achtköpfigen Gemeinderat vertreten.

Weitere Anzeichen für eine Landkreisreform gab es im gleichen Jahr anlässlich der Auflösung des Amtsgerichtes Eltmann. Als die Wallburgstädter und die umliegenden Gemeinden in München deswegen vorstellig wurden, sei Justizminister Haas angesichts der hohen Personalkosten hart geblieben. Er habe sich damals bereits eine Zusammenlegung von Landratsämtern im Zuge einer territorialen Neugliederung vorstellen können.

Nach dem letzten Krieg kam als erstes die Flurbereinigung als ökologische Veränderung. Es handlete sich hierbei um eine “Neuordnung des ländlichen Raumes”. Mit der Schließung zahlreicher Landschulen vollzog sich ein kultureller Wandel: unzählige Schulhäuser wurden nicht mehr benötigt. Die politische Veränderung kam letztendlich mit der Landkreis- und Gebietsreform 1971/78.

Im Zusammenhang mit der geplanten Verwaltungsvereinfachung stand - geauso wie im Landkreis Hofheim - auch im Bereich Ebern der Sitz der Kreisbehörde relativ früh zur Diskussion. „Das Landratsamt Ebern muss bleiben“, so titelte schon 1955 eine Heimatzeitung. Der damalige Landrat Dr. Hans Reuther wollte im Bezirk Ebern zwei Jahre vor der ersten Gemeindereform 1972 das Geschehen beeinflussen, bevor staatlicherseits vollendete Tatsachen geschaffen werden.

Landkreis Ebern wehrt sich mit allen Mitteln gegen Auflösung

Ludwig Leisentritt untermauert dies mit einem weiteren Zeitungsausschnitt - diesmal mit der Überschrift „Der Landkreis Ebern arbeitet vor“. Die Landkreisverwaltung hatte einen Plan ausgearbeitet, um „kompaktere Gemeinden“ zu erhalten. Danach sollten aus den insgesamt 68 Gemeinden nur noch 23 werden, weitaus mehr als schließlich 1972 herauskamen. Landrat Dr. Hans Reuther habe versucht seinen Kreisbürgern eine freiwillige Gebietsreform dadurch schmackhaft zu machen, indem er versprach, „von alters her bestehende Bindungen der Gemeinden untereinander sowie wirtschaftliche und geografische Geschtspunkte“ zu berücksichtigen. Sein Ziel sei es gewesen, bis zum Erlass konkreter Richtlinien durch den Staat, eine intensive Werbung für den Zusammenschluss der Gemeinden auf freiwilliger Basis zu betreiben. Dieses Vorhaben sei jedoch wegen mangelnder Unterstützung kläglich gescheitert.

Wie Leisentritt berichtet, habe die Stadt Ebern frühzeitig angekündigt, sich mit allen Mitteln gegen eine Auflösung ihres Landkreises zu wehren. Das Innenministerium hielt es für vertretbar, dass sich bei größeren Flächenlandkreisen der Besuch des Landratsamtes innerhalb eines halben Tages abwickeln lasse. Von der Tendenz her wollten sich große Teile des nördlichen Kreises Ebern dem Landkreis Bamberg, bzw. Coburg zuwenden.

Moderner Amtsbotenweg

Die Befürwörter erinnerten daran, dass der schwarze Löwe im Eberner Kreiswappen schon lange vor der Gebietsreform die Zugehörigkeit Eberns zu Bamberg symbolisiere. Einige Gebiete des Kreises Ebern hätten zwischen Haßfurt und Bamberg geschwankt. „Als Manko führte man zu Recht das Fehlen einer leistungsfähigen Verbindungsstraße zwischen dem Hauptteil des Eberner Kreises und der künftigen Kreisstadt Haßfurt an. Drei Jahre nach der Reform war die neue Staatsstraße fertig. Sie konnte nun gewissermaßen als moderner Amtsbotenweg zwischen Ebern und Haßfurt dienen.“

Der Heimatforscher und Politiker erzählt, dass der Kreis Ebern zuerst auf Zeit gespielt habe, “er wünschte, erst nach einer Probezeit eine Entscheidung zu fällen.“ Man habe befürchtete, dass aus dem Grenzlandkreis Ebern ein „Armenhaus der Wohlstandsgesellschaft” werden könnte.

Annektions- und Expansionsgelüste

Mit Befremden registrierte man im Haßfurter Landratsamt, dass Oberfranken danach trachtete, auch der Raum Eltmann-Ebelsbach und die sogenannten „Heiligen Länder“ nach Oberfranken einzuverleiben. Man sprach von Annektions- und Expansionsgelüsten. Die Oberfranken wünschten ihr Gebiet in Richtung Westen bis auf die Höhe von Steinbach auszuweiten. Damit wäre Zeil mit Schmachtenberg und Ziegelanger am Rande eines künftigen Landkreises und sogar des Regierungsbezirkes Unterfranken zu liegen gekommen. Bambergs Landrat Neukumm war sehr stark an der Wirtschaftskraft des Eltmanner Bereiches ( Kufi ) interessiert. Das hatte seinen Grund, glaubt Leisentritt. Er wusste nämlich bereits, dass mindestens die einstige Kreisgemeinde Gaustadt mit ihrer starken Industrie in die Stadt Bamberg eingemeindet werden soll.

„Landrat Walter Keller schickte damals die eifrigen Landtagsabgordneten Albert Meyer und Heiner Schneier aus, die mit wahrhaft missionarischem Eifer für den Verbleib in einem künftigen Haßbergkreis geworben haben“, berichtet der 74-Jährige. Und so hat sich später das Blatt gewendet: Das Eberner Landratsamt verkündete im September 1971: 64 Prozent der Bevölkerung sei für den Haßgau-Landkreis. Der Wunsch nach einer Volksbefragung war nicht verwirklicht worden. Und Landrat Dr. Hans Reuther war mittlerweile der Auffassung, es wäre der „Tod des kommunalen Lebens“, würde Ebern zum Ballungsgebiet Bamberg kommen.

Dass der Raum Ebern schließlich seine Gunst Haßfurt schenkte, hatte möglicherweise auch einen machtpolitschen Hintergrund gehabt, verrät Leisentritt. “Insider glauben zu wissen, warum sich die Stimmung der Eberner schließlich von Bamberg nach Haßfurt neigte.“ In Unionskreisen machte man sich nämlich nach der Landkreisreform die Hoffnung, dass der Ebener Landrat Dr. Hans Reuther bei der Landratswahl Ende 1971 mit Hilfe des Raumes Eltmann, wo er her stammte, Chef des neuen Landkreises Haßberge werden könnte. „Doch die Delegierten der CSU nominierten den bisherigen Amtschef Walter Keller, der Ende 1967 zunächst ja nicht als Unionsbewerber, sondern auf einer Liste der Wählergemeinschaft und des Christlichen Bürgerblocks, das Rennen machte. Wer weiß, ob es überhaupt zur Bildung des heutigen Landkreises Haßberge ohne diese Personalie gekommen wäre? Die Präferenz für einen Anschluss an Bamberg war ja zeitweise ziemlich dominant...“

Politische Zangengeburt

Es hätte aber auch anders kommen können, wenn nicht der damalige Haßfurter Landrat Walter Keller sowie Staatssekretär und Landtagsabgeordneter Albert Meyer im Verbund mit Heiner Schneier sowie anderen gegen anderslautende Pläne der Merk'schen Reform erfolgreich Sturm gelaufen wären und oft hinter den Kulissen Verhandlungen geführt hätten, ist sich Ludwig Leisentritt heute sicher. „Der heutige Landkreis Haßberge war sozusagen eine politische Zangengeburt.“ Der ostunterfränkische Kreis sollte ursprünglich nicht nach Norden und Osten, sondern mehr nach Süden erweitert werden. Zwar wäre in diesem Fall ein Großteil des Landkreises Hofheim auch nach Haßfurt gekommen. Aber aus dem Landkreis Ebern hätten nur die Orte Breitbrunn, Hofstetten und Neubrunn zu dem neuen Gebilde gehört.

Rückblickend steht für Ludwig Leisentritt heute fest: Die Gebietsreform von 1972 hat mehr genutzt als geschadet. „Der Landkreis Haßberge ist ein Erfolgsprojekt.“

Info-Kästen:

Harte Bandagen

  • Mit welch harten Bandagen zu Zeiten der Kreisreform gestritten wurde, geht aus einem schriftlichen Bericht eines Bobachters aus Baunach hervor: „Hier bei uns in Baunach vollzog sich die, von unserem Bürgermeister vertretene Anschluss-Idee nach Bamberg in undemokratischer Weise. Mit allen Mitteln primitiver Demagogie wurde gegen den vernünftigen Plan „Haßgau-Kreis“ erfolgreich Propaganda gemacht. Befürworter dieser Idee wurden niedergeschrien.“

Im Landkreis Hofheim - der sich wegen seiner Nähe zum Zonenrandgebiet als „Land im toten Winkel“ fühlte, hatte sich sogar ein “Verein Volksbegehren - Kommunale Gebietsreform” gebildet. Hierzu kamen die Landräte aus Bad Brückenau, Hammelbug und Königshofen sowie der Chef aus dem Kreis Beilngries. Doch die Beteiligung sei recht spärlich gewesen.

Schwierige Namenssuche

Die Suche nach einem umspannenden Namen für den Landkreis Haßberge bezeichnet Leisentritt als eine Glaubenssache: Nach dem ersten Entwurf der bayerischen Staatsregierung hätte der neue Landkreis von Stadelschwarzach über Geroldzhofen bis Bundorf reichen sollen. Hierfür wurde der Name „Haßgau-Steigerwald“ erwogen. Die unterfränkische Regierung habe zunächst den Namen „Haßgau“ vorgesschlagen. Von den Kreistagen Ebern und Hofheim sei dann der Vorschlag „Ostunterfranken-Landkreis“ gebracht worden. Andere plädierten für einen „Kreis Haßfurt“. Schließlich heißen 62 der 71 bayerischen Landkreise so wie die Stadt des Kreis-Sitzes. Mit der Bezeichnung „Steigerwald-Mainschleife“ kam dann noch eine völlig neue Variante ins Gespräch. Nicht wenige hätten gemeint, der Mainfluss sollte im Namen zum Ausdruck kommen. In einer Versammlung im Steigerwald habe ein Teilnehmer einen originellen Namen vorgeschlagen: Um alle Landkreise kurz und bündig im künftigen Namen zu integrieren kreierte er die künstliche Wortschöpfung EHOHAS für Ebern-Hofheim-Haßfurt.

1068 Ratsstühle weniger besetzt

Die Gebietsreform führte im Bereich des heutigen Landkreises Haßberge die Zahl der Bürgermeister von 168 auf 25 zurück. Die Zahl der Gemeinde- und Stadträte verringerte sich von 1432 auf nur noch 348 im Jahre 1978. Insgesamt wurden 1084 Ratsstühle nicht mehr besetzt. Der Gesetzgeber sorgte jedoch dafür, dass jede nicht mehr in den Stadt- und Gemeinderäten vertretenen Ortsteile einen Ortssprecher bestimmen konnten.

Zur Person:

Ludwig Leisentritt war 31 Jahre hauptamtlicher SPD-Geschäftsführer im Wahlkreis Bad Kissingen. 1978 wurde der SPD'ler in den Kreistag gewählt und bestimmt heute noch die Geschicke des Landkreises Haßberge aktiv mit. Seit 1977 ist er außerdem Mitglied im Zeiler Stadtrat. Über viele Jahrzehnte führt er als Ortsvorsitzender die Zeiler SPD an. Anfang 2007 wurde er für seine Verdienste mit der Willy-Brandt-Medaille ausgezeichnet - die höchste Auszeichnung der SPD. Neben seiner politischen Tätigkeit ist Ludwig Leisentritt leidenschaftlicher Heimatforscher, Stadtarchivar und Buchautor.