Lange Schlangen beim Impfen müssen vermieden werden

19. November 2021

Auf diesen Spitzenplatz könnten wir gerne verzichten. Mit einem Inzidenzwert von 547,0 -Tendenz steigend - war der Landkreis Haßberge am Mittwoch (17.11.) Spitzenreiter in Unterfranken. Höchste Zeit, auf lokaler Ebene zu handeln. Denn Bund und Länder haben es nicht geschafft, eine vierte Welle mit noch nicht da gewesenen Fallzahlen und Belegung der Intensivbetten zu verhindern.

Dabei hätte in diesem Jahr alles besser laufen können, Impfstoff war genügend vorhanden und Strukturen für ausreichend Impfungen waren ebenfalls vorhanden. Nur wurden die wieder zurückgefahren. Welch großer Fehler das war merken wir jetzt, wo sie dringend gebraucht werden; zum einen, weil manch bisher Ungeimpfter sich dem Druck der Einschränkungen beugt, zum anderen, weil Geimpfte ihre Booster-Impfung wollen, der Staat aber mit seinen Angeboten nicht hinterherkommt. Die Folge: Lange Schlangen und stundenweises Anstehen in der Kälte. Zu beobachten war dieses Schauspiel am vergangenen Samstag auch bei uns vor der Sport- und Kulturhalle. Um 16 Uhr sollte mit dem Impfen begonnen werden. Um 15.15 Uhr hatte sich schon eine Schlange mit ca. 100 Menschen gebildet, die zunächst unter dem Vordach des Gebäudes Schutz suchte, wegen der Vielzahl der Menschen schließlich aber über den ganzen Platz reichte. Das Gespräch mit einzelnen Wartenden ergab, dass diese bereits zuvor in Knetzgau zur Impfung angestanden waren und nicht zum Zuge gekommen waren. Teilweise waren welche schon seit 12 Uhr unterwegs.

Gegen 18 Uhr habe ich, nachdem leichter Nieselregen eingesetzt hatte, die verbliebenen Wartenden in die Turnhalle gelassen, damit sie zumindest warm und trocken untergebracht waren. Später habe ich noch dafür gesorgt, dass sie und die Helfer mit Getränken und belegten Broten versorgt wurden. Um 21 Uhr war die Aktion für das Impfteam, das zuvor schon in Knetzgau aktiv war, beendet. Verabreicht wurden in der Zeit:

Erstimpfungen Biontech: 34 Zweitimpfungen Biontech: 31 Drittimpfung Biontech: 37 Johnson&Johnson: 12 Gesamtimpfungen: 114

Auffällig war, dass neben jungen sehr viele ältere Impfwillige die Strapazen auf sich nahmen, weil sie in nächster Zeit keinen Impftermin bekommen. Die Erfahrungen habe ich zum Anlass genommen, um die für den 16.11.21 geplante Bürgermeister-Dienstbesprechung an Landrat Wilhelm Schneider folgenden Antrag zu stellen:

"Aufgrund des großen Andrangs bei der Impfaktion am vergangenen Wochenende beantrage ich, dieses Thema auf die Tagesordnung bei der heutigen Bürgermeister-Dienstbesprechung zu setzen. Meine Gespräche mit Impfwilligen und den drei Hausärzten in meiner Gemeinde haben ergeben, dass das Impftempo deutlich angezogen werden muss. Unsere Hausärzte wären bereit, hier an Lösungen zusätzlich zu den Impfungen in ihren Praxen mitzuwirken. Die Vergabe von Impfterminen kann zwar die Wartschlangen vor den Impflokalen reduzieren, nicht aber das Impftempo beschleunigen. Es wäre wichtig, dass die Erfahrungen aus dem Kollegenkreis und der Organisatoren für die Impfung mit einfließen. Frau Tenner und ihr Team haben mit überaus großem Einsatz die Impfaktion in Knetzgau und Sand bewältigt. Frau Tenner, die zudem noch ein kleines Kind zu versorgen hat, war seit 3 Uhr auf den Beinen und hat sich um 21 Uhr von mir vor der Sport- und Kulturhalle in Sand verabschiedet. Wir müssen auch an diese Leute denken und dürfen sie nicht verheizen.“

Die Bürgermeister des Landkreises und Landrat Wilhelm Schneider haben mein Anliegen aufgenommen. Der Landkreis bereitet eine Ausweitung der Impfaktion vor. Daran werden sich auch die Sander Hausärzte Dr. Sebastian Rehling und Dr. Michael Eis beteiligen. Dafür möchte ich mich bei den beiden jetzt schon bedanken. Sobald die Organisation abgeschlossen ist, wird der Landkreis einen Zeitplan vorlegen, nach dem weitere „Impfungen vor der Haustüre“ möglich sind. Damit werden die Wartezeiten für die Impfungen verkürzt und der Ansturm auf die Impftermine lässt nach. Allerdings muss der Staat dafür sorgen, dass das Angebot für reguläre Impfungen deutlich erhöht wird und das Angebot auch der Nachfrage angepasst wird.

Die Lage ist dramatisch: Jeder kann seinen Beitrag leisten, um die Pandemie einzudämmen. Sie ist keine Privatsache. Die Freiheit des einzelnen endet dort, wo die Freiheit des anderen beginnt (Kant). Bitte lassen Sie sich impfen. Sie schützen damit sich und Ihre Mitmenschen.

Bleiben Sie gesund! Ihr

Bernhard Ruß 1. Bürgermeister

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