Kurz vor dem Ende seiner Amtszeit bringt sich Landrat Handwerker noch einmal in die Nationalpark-Diskussion ein. Er fordert ein Weltnaturerbe im Steigerwald.
Rudolf Handwerker zeigt sich „maßlos enttäuscht“, dass es keine sachliche Diskussion über den Nationalpark gegeben hat.
Die Nationalparkdebatte, so wie sie heute geführt werde, sei sinnlos. Dies hat Landrat Handwerker am Dienstag in einer Stellungnahme festgestellt, die mit den Worten beginnt, dass er keinen Nationalpark fordern werde – angesichts der verhärteten Fronten zwischen dem Verein „Unser Steigerwald“ und dem „Freundeskreis Nationalpark Steigerwald“. Stattdessen legt Handwerker der Region ans Herz, prüfen zu lassen, ob der Steigerwald (auch ohne Umweg über einen Nationalpark) in die Liste der Weltnaturerbestätten aufgenommen werden kann. Dies wäre ein „unschätzbares Alleinstellungsmerkmal“ und ein „wichtiger Impuls für den Steigerwald.“ Der Landrat setzt darauf, dass die Gegner und Befürworter des Nationalparks aufeinander zugehen: Die Befürworter müssten ihre stereotypen Forderungen nach einem Nationalpark aufgeben und zusammen mit dem Verein Unser Steigerwald prüfen, ob man beim jetzigen Schutzstatus des Steigerwaldes mit Aussicht auf Erfolg einen Antrag auf Aufnahme als Weltnaturerbe stellen könne bzw. was man verbessern müsse, um diesen Antrag stellen zu können. „Ich bin mir sicher, wenn der Status Weltnaturerbe für den Steigerwald das gemeinsame Ziel aller wäre, könnte für unseren Haßbergkreis viel gewonnen werden“, schlussfolgert Rudolf Handwerker. Das Ringen um den Nationalpark umschreibt der Kreischef mit deutlichen Worten. Vom ersten Tag an seien sich Gegner und Befürworter des Nationalparks unversöhnlich und kompromisslos gegenübergestanden. Der Grund sei nicht, dass der Bamberger Landrat Denzler und er versucht hätten, über die Köpfe der betroffenen Gemeinden hinweg zu entscheiden. Er sei vielmehr mittlerweile überzeugt, „dass die Auseinandersetzungen unvermeidlich waren, weil das Thema Nationalpark einfach so stark polarisiert – und zwar nicht nur bei uns“, führte Handwerker in seinem Schreiben an die Presse aus. Er sei „maßlos enttäuscht“, dass es nicht möglich gewesen sei, das Thema sachlich zu diskutieren. Er selbst habe mehrfach vorgeschlagen, in einem Gutachten klären zu lassen, wie ein Nationalpark aussehen könne und welche Vor- und Nachteile er habe. Dafür seien sogar Mittel des Umweltministeriums bereit gestanden. Selbst die Beauftragung dieses Gutachtens sei von den Nationalparkgegnern mit allen Mitteln bekämpft und letzten Endes verhindert worden. Handwerker verweist darauf, dass es das Bundesamt für Naturschutz war, von dem der Vorschlag des Nationalparks kam – da der nördliche Steigerwald zu den fünf wertvollsten Buchengebieten Deutschlands zählt. Was das Welterbe anbelangt, sei dieses, ander als ein Nationalpark oder Biosphärenreservat, nicht an eine Mindestgröße gebunden. Kriterien seien allein die außergewöhnliche universelle Bedeutung, die relative Unversehrtheit des natürlichen Zustandes sowie ein ausreichender Schutz und Verwaltungsplan.
Die hier die Stellungnahme des Landrats im Wortlaut Stellungnahme zur Nationalparkdiskussion
Um eines vorwegzunehmen:
Ich werde keinen Nationalpark fordern.
Ich stehe dazu: ein Nationalpark kann nur eingerichtet werden, wenn der überwiegende Teil der Bevölkerung dahinter steht. Das ist eindeutig nicht der Fall. Allerdings habe ich starke Zweifel an der Behauptung von Bürgermeister Ebert, dass 95 % der Bewohner der Kernzone des Steigerwaldes einen Nationalpark ablehnen. Ich habe mit vielen Steigerwäldlern über dieses Problem unter vier Augen gesprochen und dabei sehr unterschiedliche Meinungen gehört. Die Befürworter und die Gegner hielten sich etwa die Waage. In einer emotional geführten Versammlung wird man solche Meinungen natürlich nicht hören.
Aber noch einmal: ich lehne bei den derzeit verhärteten Fronten die Forderungen nach einem Nationalpark Steigerwald ab. Ich bedauere es, dass es zu dieser Frontbildung gekommen ist und die beiden Parteien: der Verein „Unser Steigerwald“, der vom ersten Tag an mit allen Mitteln gegen die Errichtung eines Nationalparks kämpft, und der „Freundeskreis Nationalpark Steigerwald“, der ebenso unverdrossen einen Nationalpark fordert, – sich so unversöhnlich und kompromisslos gegenüberstehen. Es wird immer wieder behauptet, Grund dafür sei, dass Kollege Dr. Denzler und ich die Diskussion tollpatschig und über die Köpfe der betroffenen Gemeinden begonnen hätten. Zwischenzeitlich bin ich davon überzeugt, dass die Auseinandersetzungen unvermeidlich waren, weil das Thema Nationalpark einfach so stark polarisiert und zwar nicht nur bei uns.
Maßlos enttäuscht hat mich, dass es nicht möglich war, das Thema sachlich zu diskutieren. Ich habe mehrfach vorgeschlagen, in einem neutralen und ergebnisoffenen Gutachten die Fragen:
wie kann der Nationalpark aussehen, d. h. welche Einschränkungen gelten hier ganz konkret,
was sind die Vorteile und was sind die Nachteile eines Nationalparks
analysieren zu lassen. Die Mittel dafür hat das Umweltministerium sogar einmal bereit gestellt. Selbst die Beauftragung dieses Gutachtens ist von den Nationalparkgegnern mit allen Mitteln bekämpft und letztlich auch verhindert worden. Die Nationalparkdebatte ist, so wie sie heute geführt wird, sinnlos. Bei ihr tritt eines in den Hintergrund: der Vorschlag, den Steigerwald als Nationalpark auszuweisen kommt vom Bundesamt für Naturschutz, das in zwei Studien festgestellt hat, dass der Nördliche Steigerwald zu den fünf wertvollsten Buchengebieten Deutschlands gehört und deshalb „eines Nationalpark würdig“ ist und sogar die Chance hat, als Weltnaturerbe aufgenommen zu werden. Zwischenzeitlich sind am 25. Juni 2011 fünf „alte Buchenwälder Deutschlands“ in die Welterbenliste aufgenommen worden.
Unser Steigerwald hat die selbe Qualität wie diese Weltnaturerbestätten. Es wäre ein unschätzbares Alleinstellungsmerkmal, wenn er als Weltnaturerbe anerkannt würde. Ich will über die positiven Entwicklungen, die das zur Folge hätte, nicht spekulieren. Für mich steht fest, dass der Naturerbestatus ein wirksamer Impuls für den Steigerwald wäre. Die ideale Basis für die Anziehungskraft und damit auch für die Wirksamkeit des Steigerwaldzentrums in Handthal.
Deshalb müssten wir doch überprüfen, ob wir uns nicht schon jetzt mit Aussicht auf Erfolg um den Status als Weltnaturerbe für den Steigerwald bewerben können, auch ohne Nationalpark. Fest steht: die UNESCO fordert als Voraussetzung für ein Weltkulturerbe weder einen Nationalpark noch ein Biosphärenreservat. Kriterien sind ausschließlich eine außergewöhnliche universelle Bedeutung, die relative Unversehrtheit des natürlichen Zustandes sowie ein ausreichender Schutz und Verwaltungsplan. Anders als bei einem Nationalpark oder Biosphärenreservat ist keine Mindestgröße für ein Schutzgebiet vorgesehen.
Der Steigerwald hat schon jetzt einen hohen Schutzstatus: zurzeit sind 360 Hektar im Steigerwald unter Naturschutz gestellt und es gibt sechs Naturwaldreservate mit 430 Hektar. Zusammen mit den über 100 aus der Nutzung genommenen Waldorte (sog. Trittsteine) ergeben sich etwa 1.000 Hektar, die schon heute nicht bewirtschaftet werden, sondern der Sicherung der Artenvielfalt im Steigerwald dienen.
Es lohnt sich doch, auf alle Fälle jetzt zu prüfen, ob das nicht schon ausreicht oder aber welche Verbesserungen die UNESCO für ein Weltnaturerbe noch fordern würde. Mein Wunsch wäre, dass beide Parteien, die Nationalparkbefürworter und die Nationalparkgegner, aufeinander zugehen: die Nationalparkbefürworter müssten ihre stereotypen Forderungen nach einem Nationalpark aufgeben und zusammen mit den Nationalparkgegnern, dem Verein „unser Steigerwald“, zur Förderung dieses Steigerwaldes diese Frage prüfen und verfolgen: können wir beim jetzigen Schutzstatus des Steigerwald mit Aussicht auf Erfolg einen Antrag auf Aufnahme als Weltnaturerbe stellen oder in wie weit müssen wir ihn noch verbessern, um diesen Antrag stellen zu können.
Ich bin mir sicher, wenn der Status Weltnaturerbe für den Steigerwald, das gemeinsame Ziel aller wäre, könnte für unseren Haßbergkreis viel gewonnen werden. Haßfurt, 17.12.2013 Rudolf Handwerker, Landrat
Quelle: Haßfurter Tagblatt