Im Parkverbot wiehert der Amtsschimmel

19. Januar 2016

Fünf Gemeinden wollen sich gemeinsam gegen Parksünder wehren – und stoßen an die Grenzen des Rechts

Es ist in vielen Gemeinden dasselbe Bild: Die einen sind kaum vom wüsten Parken abzuhalten, die anderen beschweren sich regelmäßig im Rathaus darüber. Und oft entstehen durch die Falschparker Gefahren. Offenbar macht es der Gesetzgeber Kommunen aber schwer, im Rahmen von kommunalen Zweckvereinbarungen mit Parküberwachung gegen die Missstände vorzugehen.

Fünf Kommunen, ein Problem: Immer Ärger mit Falschparkern. Weil die Polizei in der Regel Wichtigeres zu tun hat als Strafzettel auszustellen, wollen sich die Gemeinden Knetzgau und Sand mit den Städten Ebern, Königsberg und Zeil zusammenschließen und eine gemeinsame Parküberwachung einführen. Was logisch klingt und einfach umzusetzen scheint, prallt möglicherweise an bürokratischen Hürden ab.

Für das Gemeinschaftsprojekt Überwachung des ruhenden Verkehrs gedenken die genannten Kandidaten, eine „kommunale Zweckvereinbarung“ einzugehen. Federführend soll Knetzgau sein. Dass man sich zusammenschließt hat den Grund, dass es für jede Kommune alleine zu teuer wäre, gegen Falschparker vorzugehen. Selbst als Quintett brauche man sich keine Illusionen zu machen, mit Knöllchen Geld zu verdienen, meinte Knetzgaus Bürgermeister Stefan Paulus (SPD/CWG) am Montag im Gespräch mit unserer Zeitung: „Das ganze Geschäft rentiert sich sowieso nicht.“

Aber die Kommunen sehen dringenden Handlungsbedarf, weil uneinsichtige Autofahrer Gehsteige und Ortsdurchfahrten zuparken oder vor Schulen und Kindergärten abgestellte Pkw Fußgänger und Radfahrer gefährden. Eberns Stadtoberhaupt Jürgen Hennemann (SPD) sprach am Montag von teils chaotischen Verhältnissen vor Dönerbuden und Eisdielen. Die Stadt hat sich vor einigen Jahren ein Parkraumkonzept verpasst mit Bewirtschaftung in den Tempo-30-Zonen der Altstadt. „Da machen wir uns doch unglaubwürdig, wenn wir nicht effektiv gegen Falschparker vorgehen“, weiß der Bürgermeister.

Die fünf Kommunen haben sich ihren „Vollstrecker“ bereits ausgeguckt: Es ist die „K & B Kommunale Dienstleistungsgesellschaft mbH“ mit Sitz in Mühldorf am Inn, die nach Auskunft von Geschäftsführer Manfred Berghofer 120 Kommunen in Sachen Parküberwachung betreut. „Wir stellen im Rahmen des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes den Kommunen Personal für den Außen- und Innendienst zur Verfügung“, ließ Berghofer die Heimatzeitung am Dienstag wissen. Das Personal werde von K & B geschult und betreut. Ein Vertragsverhältnis würde K & B lediglich mit der – dann eben federführenden – Gemeinde Knetzgau eingehen, die ein Büro und die Logistik vor Ort zu stellen hätte. Knetzgau müssten dann die Zweckvereinbarung mit den anderen teilnehmenden Kommunen schließen, denen bei der Parküberwachung „vor der eigenen Haustür“ nur die allerletzte Aufgabe bliebe, die Vollstreckung im Rahmen der Mahnverfahren.

Aber da macht das Landratsamt Haßberge bis dato nicht mit. Die Behörde verweist auf das Gesetz über die kommunale Zusammenarbeit (KommZG) in Bayern und führt in der Argumentation Artikel 7 auf: Hier wird zwar bestätigt, dass Gemeinden, Landkreise und Bezirke durch öffentlich-rechtliche Verträge Zweckvereinbarungen schließen und einer der beteiligten Gebietskörperschaften in diesem Zusammenhang Aufgaben übertragen können. Doch seit 2004 hat Absatz 2 folgenden Anhang bekommen: „Der Umfang der übertragenen Aufgaben soll im Verhältnis zum Umfang der entsprechenden eigenen Aufgaben der übernehmenden Gebietskörperschaft nachrangig sein.“

Was das für die Praxis bedeutet, ist für juristische Laien kaum greifbar. Landrat Wilhelm Schneider (CSU) interpretiert dies in einem Schreiben an Bürgermeister Paulus in besagter Angelegenheit vom 29. Dezember wie folgt: „Damit soll zum einen verhindert werden, dass von den bisherigen Aufgabenträgern kaum mehr kontrollierbare und insoweit auch nicht mehr demokratisch legitimierte Zwischenverwaltungsebenen entstehen. Zum anderen soll die übernehmende Körperschaft vor einer Überfremdung und möglichen Überforderung durch Aufgaben Dritter geschützt werden.“

Bürgermeister Stefan Paulus scheint daraus nicht schlau zu werden. Gerade das Argument der möglichen Überforderung leuchtet ihm nicht ein: „Wir haben für den gesamten Landkreis federführend das LEADER-Projekt Laufparadies umgesetzt und unsere Leistungsfähigkeit unter Beweis gestellt. Und da soll uns die Parküberwachung überfordern?“, wundert er sich. Der Rathauschef weist darauf hin, dass sich die Stadt Hofheim erst nach 2004 – zum 1. Januar 2007 hin nämlich – per Zweckvereinbarung beim Parküberwachungsdienst der Stadt Haßfurt angeschlossen hat. Die Kreisstadt schickt zudem ihre „Politessen“ nach Eltmann. Warum soll Knetzgau also verwehrt werden, was für Haßfurt möglich ist? Und Paulus hat recherchiert und in Erfahrung gebracht, dass dererlei Zweckvereinbarungen durchaus genehmigungsfähig sind: Er zitiert aus dem Amtsblatt des Landkreises Fürth die Zweckvereinbarung der knapp 2200-Seelen-Gemeinde Ammerndorf, die die Parküberwachung federführend für zwölf Kommunen – darunter die Stadt Herzogenaurach – mit zusammen über 100 000 Einwohnern übernommen hat. „Die Ammerndorfer scheinen ja auch nicht überfordert zu sein“, fügt er hinzu. Landratsamtsprecherin Moni Göhr ist sich bewusst, dass der Rechtsvorgang eine schwierige Materie ist. Sie griff am Dienstag auf HT-Nachfrage den Begriff „Nachrangigkeit“ aus dem KommZG auf. „Es geht ausschließlich um den Umfang der übertragenen Aufgabe. Und der muss laut Gesetz nachrangig zu dem der eigentlichen Kommune sein.“ Im Falle Knetzgaus sei der Umfang der von vier Gemeinden übertragenen Aufgabe „größer als wenn die Gemeinde Knetzgau selbst ihre Verkehrsüberwachung übernimmt.“ Das Landratsamt macht dies unter anderem an der Bevölkerungszahl fest: Knetzgau zähle rund 6400 Einwohner, die übertragenden Gemeinden gut 20 000. „Damit ist die Nachrangigkeit des Aufgabenbereichs nicht gegeben“, stellt Moni Göhr per Mail die Sicht des Landratsamts klar. Diese Auffassung habe im Übrigen auch die Regierung von Unterfranken bereits bestätigt. Dennoch ist nicht ausgeschlossen, dass Knetzgau die Genehmigung zur Zweckvereinbarung noch erhält. Dazu müsse die Gemeinde allerdings „die besonderen Umstände darlegen, die die Aufgabenübertragung trotz Nichtbeachtung der Nachrangigkeit rechtfertigen“, erläutert Göhr – und mit ähnlichen Worten hat das auch Landrat Schneider in seinem Brief an Paulus eingefordert. Die beteiligten Bürgermeister wollen sich in Kürze treffen, ihre Argumente zusammentragen und sich abstimmen. Die Gründung eines Zweckverbandes scheint für sie keine vernünftige Alternative, wegen der Kosten – es muss unter anderem ein Geschäftsführer bestimmt werden – und des enormen Organisationsaufwandes mit verpflichtender Satzung und obligatorischen Sitzungen.

„Eigentlich wird doch von uns mehr und mehr die interkommunale Zusammenarbeit gefordert“, wunderte sich am Dienstag Zeils Stadtoberhaupt Thomas Stadelmann über die rechtlichen Barrieren. Für Amtskollege Hennemann ist die Parküberwachung an und für sich eine „typische Sache“ der kommunalen Kooperation und die Diskussion über Nachrangigkeit und Überforderung „wenig praxisnah“. Dass Knetzgau die Parküberwachung über den Kopf wachsen könne, halten die beiden für höchst unwahrscheinlich. Nur Parksünder werden darauf hoffen, dass die Genehmigungsbehörden das anders sehen.

Quelle: Haßfurter Tagblatt

Von unserem Redaktionsmitglied Martin Sage

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