SPD-Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen fordert höhere Mindestlöhne und Tarifverträge für viel mehr Menschen als bislang
Haßfurt. Die Kreisvorstandschaft der SPD-Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen (AfA) hat sich anlässlich des bevorstehenden Feiertages „Tag der Arbeit (1.Mai)“ mit Forderungen aus der Arbeitswelt an die Politik beschäftigt.
„Wir laden alle Bürger*innen zur 1.Mai-Kundgebung des DGB um 11.00 Uhr auf Schweinfurter Marktplatz ein“, erklärt Paul Hümmer, einer der Sprecher der Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen (AfA). Man erhoffe sich zum „Tag der Arbeit“ keine Festtagsreden aus der Politik, sondern konkrete Verbesserungen für die Beschäftigten.
Seit Jahren sinke die Tarifbindung für die Beschäftigten. In Deutschland sei nur noch jeder zweite Beschäftigte in einer Tarifbindung. „Im Landkreis Haßberge dürften die Quote sogar noch niedriger liegen“, sagt Reiner Greich, ebenfalls Sprecher der AdA. „Daran trägt auch der Landkreis Haßberge eine Mitschuld, der an Gesellschaften ohne Tarifbindung beteiligt ist.“
Die AfA fordert von der Bayerischen Staatsregierung ein Tariftreue- und Vergabegesetz. Die Tariftreue soll dabei als Ausschluss-Kriterium bei der Vergabe öffentlicher Aufträge, angewendet werden können. Das würde auch Kommunen, die soziale Kriterien bei der öffentlichen Auftragsvergabe anwenden, den komplexen Vergabeprozess erleichtern und sie rechtlich absichern. „Viele andere Bundesländer haben bereits ein solches Vergabegesetz für öffentliche Aufträge“, erklärt Reiner Greich.
Zudem müssen die Arbeitsbedingungen gerade im Pflegebereich verbessert werden. Es muss das Erklären von Tarifverträgen zur Allgemeinverbindlichkeit erleichtert werden, so wie es Bundesarbeitsminister Hubertus Heil vorschlägt. Die Vorstandschaft und die Mitglieder der SPD-Arbeitsgemeinschaft verurteilen das Scheitern der Allgemeinverbindlichkeit bei den jüngsten Tarifergebnissen im Pflegebereich scharf. Die Haltung der Arbeitgebervertreter, die für kirchlich geführte Einrichtungen (Caritas) zuständig sind, sei weder christlich noch sozial. „Man kann auf der einen Seite nicht ständig davon sprechen, dass im Pflegebereich durchgreifende Verbesserungen notwendig sind, dann aber auf der anderen Seite positive Reformen für Beschäftigten verhindern“, bringt es Paul Hümmer auf den Punkt.
Mindestlöhne, so eine weitere Forderung, müssen angemessen sein und 60 Prozent des mittleren Einkommens erreichen. Demzufolge müsste der jetzige Mindestlohn der bei 9,50 Euro liegt auf mindestens zwölf Euro angehoben werden. Dies sei im Nachbarland Frankreich oder in Portugal und Schweden der Fall. Eine solche Anpassung sei auch eine wichtige Zukunftsfragen für die Rente im Alter, denn Niedriglöhne bedeuten Niedrigrenten und damit Altersarmut. Im Landkreis Haßberge dürfte, nach Schätzung des DGB, wie im Bundedurchschnitt jeder fünfte Beschäftigte im Niedriglohn beschäftigt sein.
Mit Besorgnis müsse man zur Kenntnis nehmen, dass Industrieunternehmen die Corona-Krise als Vorwand nutzen, Verlagerungs- und Stellenabbau durchzuführen und die bisherigen Profiterwartungen weiterhin hochzuhalten. Im Landkreis Haßberge sind davon die Beschäftigten von Schaeffler Eltmann die Betroffenen. „Wenn man Betriebe schließt, die bislang immer gute Betriebsergebnisse erarbeitet haben, nur um noch mehr Profit zu machen ist dies asozial“, sagt Paul Hümmer. Mit der Zerschlagung des Standortes Eltmann setze sich die Konzernspitze mit der Eigentümer-Familie Schaeffler die hässliche Fratze des Kapitalismus auf. „Sie sehen die Belegschaften nicht als Menschen, sondern als eine Art Betriebsmittel zum Erreichen von Gewinnzielen.“ Die Entscheidung zur Schließung kann man nur materiell nachvollziehen, wenn man nachliest, dass von der Industriesparte Schaeffler ein „Ebit“ (Gewinn/Ergebnis vor Zinsen und Steuern) von zwölf bis 14 Prozent erwartet wird. „Auf dem Weg zu solcher Profiterwartung stören natürlich kleine Werkseinheiten und Gewerkschaften in den Betrieben“, findet Reiner Greich. Trotz der nicht abwendbaren Werksschließung seien die Aktionen und der Widerstand der Belegschaft notwendig, richtig und bezüglich der sozialen Absicherung erfolgreich gewesen. Die in der IG Metall organisierte Belegschaft konnte dem Unternehmen gut ausgestattete materielle Regelungen abtrotzen, die für andere Belegschaften ein positives Signal geben könnten. „Mit ihrem Widerstand hat die Belegschaft ein stückweit das Motto des 1. Mai ,Solidarität hat Zukunft‘ gelebt“, erläutert Paul Hümmer.
Solch erfolgreiche Sozialplanverhandlungen seien nur mit gewerkschaftlich organisierten Betriebsräten*innen möglich. „Deshalb ist es ein wichtiger Erfolg der SPD, mit dem Betriebräte-Stärkungsgesetz die Rechte von Betriebsräten verbessert zu haben.“ So gebe es künftig für die Initiatoren von Betriebsratswahlen einen besseren Kündigungsschutz. „Wir halten die Verbesserung des Schutzes für diejenigen Beschäftigten, die einen Betriebsrat gründen wollen, für richtig und dringend notwendig“, sagt Reiner Greich. Insbesondere in Betrieben bis 250 Beschäftigten stoße die Wahl von Betriebsräten zu häufig auf Abwehr der Arbeitgeber. „Mitsprache und Mitbestimmung muss aber gerade auch dort möglich sein, wenn Demokratie auch in der Arbeitswelt gelten soll!“