Generationenübergreifende Einigkeit: Wertstoffhofsystem (Bringsystem) soll bleiben

10. Dezember 2018

Stammtisch des SPD Ortsvereins Zeil diskutierte das Für und Wider einer Umstellung zur Gelben Tonne

Zeil. Paul Hümmer, Kreistrat und stellvertretender SPD Kreisvorsitzender, brachte viele Informationen rund um die Müllentsorgung im Landkreis und um die Diskussion um die Gelbe Tonne mit zum Zeiler SPD-Stammtisch, in die Brauereigaststätte Göller. Vorsitzende Johann Bamberg-Reinwand konnte auch Ehrenbürger Ludwig Leisentritt herzlich willkommen heißen. Aufklärung war dringend geboten, denn vielen der Anwesenden fehlte Hintergrundwissen zur Müllentsorgung im Landkreis, um sich eine fundierte Meinungsbildung zu ermöglichten.

Die Wertstoffhöfe (Bringsystem) erwirtschaften Geld für die Landkreiskasse

Grundlegendes stellte Hümmer gleich zu Beginn fest: Um einem ständigen Anstieg der Verpackungsmengen entgegenzuwirken, hat der Gesetzgeber eine Verpackungsverordnung erlassen und die Rücknahme von gebrauchten Verkaufsverpackungen geregelt. Ausgangspunkt der Verpackungsverordnung ist der Grundsatz der Produktverantwortung. Danach ist derjenige, der Verpackungen in Umlauf bringt, auch für deren Rücknahme und Verwertung verantwortlich. Um den Handel von der Rücknahmeverpflichtung zu befreien, wurde ein Rücknahmesystem entwickelt. Das Wertstoffhofsystem, wie es derzeit landkreisweit praktiziert wird, übernimmt mit der Sammlung und Sortierung gebrauchter Verkaufsverpackungen in den Wertstoffhöfen diese Aufgabe. Die von den dualen Systemen dafür gezahlten Mitbenutzungsentgelte sind ausreichend für die Kostendeckung der Aufwendungen der Müllentsorgung des Landkreises. Bei einem Systemwechsel (Gelbe Tonne) würde dieser hohe, mehrere hunderttausender betragende Eurobetrag privatisiert werden und der Landkreiskasse fehlen. Die Folge wären zukünftige Gebührenerhöhungen. „Das Müllauto fährt ja nicht umsonst durch die Gegend.“ so Hümmer.

Gelbe Tonne erhöht nicht den Anteil an wiederverwerteten Wertstoffen

Holsysteme, wie die Gelbe Tonne, erhöhen grundsätzlich das Aufkommen von Müll, so die Erfahrung aus Umstellungen in anderen Landkreisen. Das liegt Paul Hümmer zufolge allerdings auch daran, dass die Bevölkerung achtloser verpackte Dinge kauft, in dem Glauben, dass diese ja recycelt würden, wenn man sie in die gelbe Tonne wirft. Leider ist das nicht so. Hümmer: „Recyclingunternehmen führen in der Regel nur den gesetzlich vorgeschriebenen Mindestanteil des Wertstoffmülls der stofflichen Wiederverwertung zu. Der Rest wird verbrannt, in der Müllverbrennung oder, noch schlimmer, im Zementwerken oder landet sonst wo“. Das liege laut Hümmer daran, dass es natürlich Geld kostet, den Müll zu sortieren. Wenn also die vorgeschriebene gesetzliche Quote erreicht wird, bei Kunststofffolien sind das derzeit 36 Prozent, geht man den billigeren Weg.

Neues Gesetz erfordert ein mehr an Mülltrennung und Wiederverwertung

Diese gesetzlichen Quoten ändern sich ab Januar 2019. Dann muss von den meisten Wertstoffen mehr verwertet werden. Das Sortieren wird teurer, die Unternehmen legen diese Kosten auf die Kundschaft um und somit wird wohl dann auch die Gelbe Tonne im Landkreis Hassberge früher oder später nicht mehr kostenfrei zur Verfügung gestellt werden. Wenn die Bevölkerung die Wertstoffe weiter sortiert zum Wertstoffhof bringt, bleiben die Kosten stabil und die Wiederverwertungsquoten könnten eingehalten werden, meint Johanna Bamberg-Reinwand.

Sozialer Faktor der Gelben Tonne kaum belegbar

„Und was ist mit den Menschen, die nicht mobil sind?“ fragt eine der Teilnehmerinnen am Stammtisch. Der SPD Ortsverein Zeil würde gerne herausfinden, wie viele Menschen Unterstützung brauchen bei der Müllentsorgung, denn er glaubt, dass viele Betroffene ein soziales Netzt haben, das sie in dieser Frage unterstützt. „Sollte das nicht der Fall sein, sind kreative Lösungen gefragt, die es aber sicherlich gibt“, waren sich die Vorstandsmitglieder der Zeiler SPD, Johanna Bamberg-Reinwand und Reiner Betz sicher. Die Zeiler Initiative „Zeit für Menschen“ könnte wiederaufleben, und sich auch um solche Fragen kümmern. Es könnte auch der Einkaufsbus genutzt werden um die Wertstoffe bei denen einzusammeln, die ihn nicht selbst bringen können. Wertstoffinseln, an denen derzeit Dosen und Flaschen gesammelt werden, könnten ergänzt werden um einen Container für Hohlplastikbehälter, also etwa Flaschen aus Plastik, die hohes Volumen haben. So müsste die Bevölkerung nicht so oft zum Wertstoffhof fahren, was auch den sogenannten „Ameisenverkehr“ vermindern würde. Ganz pragmatisch sieht dieses Problem die älteste Teilnehmerin des Stammtisches: „Wenn ich meinen Müll nicht mehr wegbringen kann, kann ich auch nicht mehr einkaufen. Wer das für mich übernimmt, bringt auch meinen Müll weg. Was bringt mir da eine zusätzliche Tonne, in die ich ohnehin nur einen Bruchteil der Wertstoffe hineinwerfen kann?“

Gelbe Tonne ist keine Wertstofftonne

Damit hat sie einen echten wunden Punkt der gelben Tonne getroffen. In die Gelbe Tonne dürfen bei weitem nicht alle Wertstoffe, die in einem Haushalt anfallen. Die Gelbe Tonne ist keine Wertstofftonne, stellte Paul Hümmer klar. Weder Flaschen, noch Batterien noch Energiesparlampen gehören hinein, auch keine Kleinelektrogeräte oder Kleiderbügel, auch wenn letztere aus Plastik sind. „Die gelbe Tonne macht die Wertstoffhöfe auf keinen Fall überflüssig“, fasste Paul Hümmer zusammen. Und eine der Teilnehmerinnen weiß aus eigener Erfahrung zu berichten: „Wir gehen sehr viel bewusster mit unserem Müll um, seit wir hier im Landkreis Haßberge wohnen. Müllvermeidung ist mir sehr viel wichtiger geworden. Außerdem schätze ich es sehr, dass ich so gut wie alles zum Wertstoffhof bringen kann, also auch einmal einen kaputten Toaster oder einen ausgedienten Teppich.

Resümee: Müllvermeidung muss das Ziel sein – Der Bürgerentscheid soll kommen Alle Anwesenden waren sich einig, dass es in erster Linie darum gehen muss, Müll, vor allem Plastikmüll, zu vermeiden. Bewusst mit den anfallenden Wertstoffen umzugehen fällt leichter, wenn man sich mit ihnen beschäftigt, zum Beispiel, wenn man sie trennt. Einige waren sich alle Teilnehmenden auch darüber, dass ein Ausstieg aus dem bisherigen Bringsystem (Wertstoffhof-Trennsystem) nur durch eindeutigen Bürgerwillen entschieden werden soll und der muss beim Bürgerentscheid zum Ausdruck kommen. „Vielleicht ist das System wie es im Moment im Landkreis ist, doch besser als sein Ruf und seiner Zeit schon wieder etwas voraus“, so Johanna Bamberg-Reinwand abschließend.

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