Landtags- und Bezirkstagswahl 2018: Kandidatenkür bei der SPD

04. Dezember 2017

Genossen heben René van Eckert und Bernhard Ruß auf den Schild

Bezirkstagsswahlen

Gewählte Kandidaten:

Sie vertreten die SPD bei den Landtags- und Bezirkstagswahlen im kommenden Jahr. René van Eckert (3.von rechts) als Direktkandidat für den Landtag, Bernhard Ruß (3. von links) als Direktkandidat für den Bezirkstag. Landtagslistenkandidatin ist Johanna Bamberg-Reinwand (Bildmitte) und Bezirkstagslistenkandidat Thorsten Raschert (2. von links). Mit auf dem Bild die MdL Kathi Petersen (ganz links), MdB Sabine Dittmar (ganz rechts) sowie der Versammlungsleiter und Eberner Bürgermeister Jürgen Hennemann (2. von rechts).

Eltmann. Zu den im nächsten Jahr stattfindenden Landtags- und Bezirkstagswahlen haben die Delegierten der SPD das Tandem René van Eckert (30) aus Mellrichstadt und Bernhard Ruß (63) aus Sand am Main als Direktkandidaten auf den Schild gehoben. Damit setzen die Genossen auf eine Kombination aus langjähriger kommunalpolitischer Erfahrung und jugendlichem Sturm und Drang. Eberns Bürgermeister Jürgen Hennemann als Versammlungsleiter rief seine Parteifreunde nachdrücklich dazu auf, sich beherzt und voller Elan in die bevorstehenden Wahlkämpfe zu stürzen.

Die Bewerbungsrede des jungen van Eckert war der unumstrittene Höhepunkt der Nominierungsversammlung. Während man ihm anfangs noch sein Lampenfieber anmerkte und er merklich angespannt war, gewann er nach kurzer Zeit an Selbstsicherheit und ging im Laufe seiner Rede immer mehr aus sich heraus. Er steigerte sich dann mit kämpferischen Attacken auf den politischen Gegner und begeisterte schließlich die Anwesenden, indem er eine zuversichtliche Aufbruchsstimmung vermittelte. Dafür erntete er einen stürmischen und langanhaltenden Beifall.

Unter dem immer wiederkehrenden Motto „Es wird Zeit“ formulierte der Kreisrat und Vorsitzende des Kreisverbands Rhön-Grabfeld seine politischen Ziele. So will er sich unter anderem einsetzen für die Stärkung des Pflegebereiches und des Ehrenamtes, für einen leistungsfähigen öffentlichen Personennahverkehr, für die ausreichende Versorgung des ländlichen Raumes mit Haus- und Fachärzten, für den Rechtsanspruch auf einen Ganztagsschulplatz und für die ausreichende staatliche Finanzierung von Sportstätten und Schwimmbädern.

Der ehrenamtlich als Fußballschiedsrichter aktive van Eckert prangerte den sich ausufernden Niedriglohnsektor an und verlangte, dass die sachgrundlose Befristung abgeschafft und die Zeitarbeit stärker reguliert wird. Im Bereich der Kinderbetreuung müssten die Gebühren für Kindertagesstätten und –gärten gestrichen werden, verlangte der Mellrichstädter. „Der Geldbeutel der Eltern“, so der Masterstudent, „darf nicht über die Zukunftsaussichten der Jugendlichen bestimmen.“ Ausführlich geht der Newcomer auf das kommunalpolitisch heiße Eisen Krankenhausversorgung in strukturschwachen Gebieten ein. Der CSU-Landrat in Rhön-Grabfeld habe sich „ein Denkmal in Sachen Gesundheitspolitik gebaut“, indem er „zwei von drei Krankenhäuser geschlossen und die verbliebene Klinik an ein Aktienunternehmen verkauft habe.“ Mit „Hilferufen“ der Kommunen an die „große Politik“ sei es nicht getan, nötig sei vielmehr eine ausreichende finanzielle Ausstattung.

Seine aufrüttelnde und kämpferische Rede mit zahlreichen inhaltlichen Akzenten endete mit einem selbstbewusst vorgetragenen, fast provokanten Weckruf: „Es wird Zeit für einen Abgeordneten mit Anstand und Moral!“ Der Kandidat wurde in der sich anschließenden geheimen Abstimmung mit einem überzeugenden Ergebnis belohnt. Von 65 abgegebenen Stimmen erhielt er 58, was fast 90 Prozent entspricht. Mit seinem für politische Verhältnisse jugendlichen Alter kann er sicherlich noch kein begnadeter Redner sein, der mit allen rhetorischen Wassern gewaschen ist. Aber die politischen Gegner sind gut beraten, ihn nicht zu unterschätzen.

Zügig ging danach die Nominierung von Bernhard Ruß als Stimmkreiskandidat für den Bezirkstag über die Bühne. Der gestandene Sozialdemokrat trat bereits 1978 in die Partei ein und amtiert seit sage und schreibe 1993 als hauptamtlicher Bürgermeister in der Korbmachergemeinde Sand am Main. Seit 1996 gehört er dem Kreistag Haßberge an und war auf Kreisebene unter anderem als Fraktionsvorsitzender und stellvertretender Landrat aktiv. Seit 2008 bringt er seine reiche Erfahrung im unterfränkischen Bezirkstag ein.

Seiner fundierten und routinierten Bewerbungsrede hätte es wahrscheinlich gar nicht bedurft, um ein hervorragendes Ergebnis einzufahren. 64 von 65 abgegebenen Stimmen sprechen für sich. Der heuer im April bei zwei Gegenkandidaten erneut mit über 60 Prozent zum Gemeindechef gewählte Ruß machte seinen Genossinnen und Genossen Mut: „Ich bin noch im Wahlkampf-Modus und weiß: Die CSU ist auch in Bayern nicht unschlagbar!“

Anschließend an die Nominierungen wurde noch jeweils ein Listenkandidat für den Landtag bzw. Bezirkstag per Akklamation benannt. Nach ihrer Vorstellung bestimmten die Wahlberechtigten die Diplom-Soziologin Johanna Bamberg-Reinwand (35) aus Zeil für die Landtagsliste, und den Einrichtungsfachberater Thorsten Raschert (45) aus Burglauer für die Bezirkstagsliste. Eine kurze Pause nutzte unser Reporter, um eine „Stimme aus dem Volk“ zu hören. Zufällig stieß er dabei auf die Gemeinderätin und Rentweinsdorfer Ortsvereinsvorsitzende Ulrike Trunk. Die Angestellte nennt es „menschenunwürdig“, dass es eine Vielzahl von Menschen gibt, die in Vollzeit arbeiten und trotzdem nicht anständig davon leben können. Sie wünscht sich auch für untere Einkommensschichten ein Lohnniveau, das eine verlässliche Lebensplanung ermöglicht und Altersarmut verhindert.

Bevor die Stimmkreiskonferenz endete, eröffnete die Tagesordnung die Möglichkeit zur Diskussion über die aktuelle bundespolitische Situation. Etwa ein Dutzend der Anwesenden inklusive der Bundestagsabgeordneten Sabine Dittmar, der Landtagsabgeordneten Kathi Petersen und der ehemaligen Vizepräsidentin des Deutschen Bundestags, Susanne Kastner, meldeten sich zu Wort. Dabei drehte sich fast alles um die Frage, welche Rolle die SPD bundespolitisch einnehmen sollte. Konkret: Ob sie sich an einer Regierung beteiligten sollte, und wenn ja, in welcher Art und Weise.

Nur August Werner von der SPD-Arbeitsgemeinschaft 60plus sprach sich ohne Wenn und Aber für die erneute Beteiligung an einer neuen GroKo aus. Alle anderen Debattenredner plädierten zwar für ergebnisoffene Gespräche, warnten aber davor, sich von einer übermächtigen Kanzlerin wieder die Butter vom Brot nehmen zu lassen. Immerhin wurden keine Messer gewetzt, denn niemand stellte die Person von Martin Schulz als Parteivorsitzenden in Frage. Schließlich bekannte sich Bernhard Ruß zu seiner „Lieblings-Koalition“: Für ihn wäre das ein Bündnis von CDU, SPD und Grünen – ohne die CSU.

Fotos unten

Abstimmung:

Die Delegierten bei der „Arbeit.“ Neben den geheimen und schriftlichen Wahlgängen wurden viele Entscheidungen per Akklamation getroffen.

Ulrike Trunk:

Der Ortsvorsitzenden der SPD aus Rentweinsdorf liegen vor allem soziale Fragen am Herzen. Sie setzt sich für eine gerechte Entlohnung und gegen Altersarmut ein.

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